Großbrand im Krämerschen Haus
Das Bild zeigt die nordöstliche Seite des Großen Marktes um 1894. In der Mitte zeigt es den Eingang zur Französischen Straße. Das Krämersche Haus ist wohl das mittlere Haus auf der rechten Bildseite. Rechts daneben ist das Konfektions- und Tuchwarengeschäft von Schwarz. Zur zeitlichen Eingrenzung: Das Französische Tor ist bereits abgerissen (1889/90), das Hotel Kaiserhof steht schon. Aber die Geleise der Straßenbahn ("Feuriger Elias") durch die Innenstadt zum Staatsbahnhof in Fraulautern liegen noch nicht (Einweihung der Bahn 1899). (Bild-Quelle: Saarlouis in alten Ansichten, H.J. Schu, Europäische Bibliothek-Zaltbommel 1976)
Am 3. Januar 1894 "morgens um elf Uhr brach in den Bodenräumen des Krämerschen Hauses Feuer aus. Dasselbe drohte eine größere Ausdehnung anzunehmen, denn kaum war die Wahrnehmung gemacht, als auch schon große Rauchwolken über dem Dach aufstiegen, in denen züngelnde Flammen sichtbar wurden. Bei dem herrschenden sturm-ähnlichen Winde war die Gefahr nicht nur für das genannte Haus, sondern auch für die Nachbarhäuser eine große. Dies sowohl als der Umstand, dass der Brandort in der Nähe der Kommandantur gelegen, war Veranlassung, dass nicht nur die städtische Feuerwehr, sondern auch die militärischen Löschmannschaften alarmiert wurden.
Die Feuerwehr war in kurzer Zeit zur Stelle und griff sofort recht wirksam und erfolgreich ein […]. Die Bravour und Energie, mit welcher unsere freiwillige Feuerwehr, unterstützt von dem Militär den Brand attaquierte, verdient uneingeschränktes Lob. Bei der außerordentlichen Kälte (um Mittag zeigte das Thermometer noch 8 Grad R.) und dem bis auf die Knochen dringenden, schneidenden Winde erforderte es keinen geringen Pflichteifer und Opfermut, mit der Spritze zu hantieren und auf den Dachziegeln Posten zu fassen, eine Arbeit, die durch das abfließende, sofort zu Eis gefrierende Wasser, sowie infolge der eintretenden Erstarrung der Glieder noch gefährlicher wie sonst wurde. (Anmerkung: des Chronisten: Es war also ohne Zweifel eine "Kälte" von 8° R, also –8° R gemeint. Siehe dazu auch die Anmerkung am Ende dieses Berichtes.) Die Schlauchführer wurden von dem vom Winde verwehten Wasser völlig durchdrängt und zu lebenden Eiszapfen. Hoffentlich wird keiner der Braven die Ausübung seiner Pflicht mit dem Verluste seiner Gesundheit zu büßen haben. Der Hülfe des Militärs ist zu verdanken, dass Wasser zur Speisung der Spritzen in hinreichender Menge herbeigebracht wurde. Zu erwähnen ist auch die thätige Hülfe, welche von einer Anzahl Bürger geleistet wurde. Um 1 ¼ Uhr war der Brand gelöscht. Die Feuerwehr unter der umsichtigen Leitung ihres neuen Branddirektors, Herrn Grim, hat sich ernsten Anspruch auf den Dank der Bürgerschaft erworben.
Die Bestürzung in der Stadt war eine große. Für das anstoßende Haus des Herrn Levacher schien die Gefahr bald ausgeschlossen, umso größer war sie dagegen für das entgegengesetzte Nachbarhaus, in welchem sich das Konfektions- und Tuchwarengeschäft von Schwarz befindet. Man hatte dort bereits mit dem Ausräumen des Warenlagers begonnen. In der von dem Feuer zunächst bedrohte Wohnung des dritten Stockes im Krämerschen Hause befand sich eine bettlägerige, schwerkranke Dame, welcher der ausgestandene Schreck sehr nachteilig werden kann. Sie musste schleunigst in eines der Nachbarhäuser transportiert werde. Von dem Hause ist das Dach abgebrannt und die ebenerwähnte Wohnung teilweise zerstört worden.
Die Feuerwehr von Fraulautern war hierhin beordert und sofort alarmiert worden.Sie befand sich bereits unter Führung ihres Chefs Kreisbaumeister Ballenberg, am Schiffbauplatz, als Gegenorder kam; man hatte sich inzwischen überzeugt, dass die Saarlouiser Wehr das Feuer allein bewältigen würde. Auch ihr gebührt Dank für ihr promptes Erscheinen.
Von verschiedenen Seiten aus der Bürgerschaft wurde den bei dem Brande thätigen Feuerwehrleuten und Soldaten Grog und Punsch zum besten gegeben, eine Aufmerksamkeit, die gewiss anerkannt zu werden verdient."
(Quelle: Saarlouiser Journal vom 04.01.1894)
Anmerkung zur Temperaturskala von Reaumur: Sie wurde 1730 von dem Naturforscher René-Antoine Ferchault de Réaumur eingeführt. Ihre Fixpunkte sind: Temp. schmelzenden Eises = 0° R, Temp. siedenden Wassers = 80° R. Für die Umrechnung in die Celsiusskala gilt also: T Celsius = T Reaumur x 1,25 oder T Reaumur = T Celsius x 0,8. Bei dem Einsatz herrschte also eine Temperatur von –10° C. Die Reaumur-Skala war bis 1901 in Frankreich und Deutschland weit verbreitet und wurde dann durch die Celsius-Skala offiziell ersetzt.
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