Aktuelles

Mi, 17. Mai. 2006 18:00 Uhr

ABC Übung im Kraftwerk Ensdorf

Kategorie: ABC-Zug, Aktuelles

Von: Anne Quirin

Der ABC-Zug des Landkreises Saarlouis führte am 17. Mai 2006 auf dem Werkgelände des VSE Kraftwerkes Ensdorf eine Übung durch.


In Zusammenarbeit mit der Belegschaft des Kraftwerkes Ensdorf, der Freiwilligen Feuerwehr Ensdorf, der TEL (Technische Einsatzleitung) des Landkreises Saarlouis sowie der DRK Rettungswache Saarlouis wurde ein realitätsnahes Szenario simuliert. Da ein Vorfall größeren Ausmaßes auch die Zusammenarbeit der ABC-Züge mehrerer Landkreise erfordert, nahmen an dieser Übung auch Teileinheiten des ABC-Zuges des Landkreises Merzig-Wadern teil.

Ziel der Übung war, die Zusammenarbeit der eingesetzten Kräfte bei einem Unfall mit Gefahrstoffen in größerem Ausmaß zu fördern sowie deren Leistungsfähigkeit den anwesenden Beobachtern zu demonstrieren.

Die Übung basierte auf folgender, vorgegebener Lage:

Im "Wartenraum" der NH3-Entladestation überwacht ein Kraftwerks-Mitarbeiter die ordnungsgemäße Entladung des in einem Eisenbahnkesselwagen unter Druck verflüssigten Ammoniaks (NH3).

Durch eine "versehentlich" falsch gestellte Weiche wird ein Triebwagen mit leerem Kohlewaggon auf ein falsches Gleis geleitet. Bei Überfahrt der Weiche stellt der Lokführer den Fehler fest und leitet eine Notbremsung ein. Vor dem Zusammenstoß des Triebwagens mit dem NH3-Kesselwagen springt der Lokführer vom Triebwagen und zieht sich hierbei erhebliche Verletzungen zu. Durch den Zusammenstoß reißt am Kesselwagen die NH3-Flüssiggasleitung ab und ein Bodenventil wird dermaßen beschädigt, dass es versagt. Aus der abgerissenen, nicht absperrbaren Flüssiggasleitung läuft flüssiges Ammoniak in die Auffangwanne des NH3-Lagers. Ein großer Teil des ausgelaufenen Ammoniaks verdampft umgehend. Die an der Entladestation installierten Gaswarngeräte lösen unverzüglich Alarm aus.

Der den Entladevorgang überwachende KW-Mitarbeiter registriert aus der Warte den Vorgang und alarmiert zusätzlich telefonisch die Blockwarte. Der Blockführer, der die Alarmmeldung erhält, verfährt auf Grund der Schilderungen nach dem betriebsinternen Alarmplan und informiert die Feuerwehr, den Schichtführer und den Pförtner bezüglich der Einweisung der externen Hilfskräfte.

Zur gleichen Zeit rüstet sich der KW-Mitarbeiter im Wartenraum des NH3-Lagers mit der dort vorgehaltenen Schutzausrüstung (Schutzanzug, Pressluftatmer, Maske) und einem Selbstrettungsgerät aus und unternimmt entsprechend des betriebsinternen Alarmplanes erfolgreich den Versuch, den verletzten Triebwagenführer zu retten. Er legt dem Verletzten das Selbstrettungsgerät an und zieht ihn in den Wartenraum. Er schließt die Tür und betätigt die Frischluftversorgungsanlage. Die Luftversorgung reicht nun ca. 20 Minuten aus.

Die Kreisalarmzentrale alarmiert währenddessen die Freiwillige Feuerwehr Ensdorf, den ABC-Zug und die TEL des Landkreises Saarlouis. Zusätzlich wird die Rettungswache des DRK Saarlouis alarmiert.

Erstmaßnahmen der Freiwilligen Feuerwehr Ensdorf:

Nach Ankunft an der Einsatzstelle bildet der Einsatzleiter der Freiwilligen Feuerwehr Ensdorf mit der Werkleitung eine erste Einsatzleitung und leitet die notwendigen Erstmaßnahmen an der Einsatzstelle ein. (Erkundung, Absperrmaßnahmen, Rettung der zwei Mitarbeiter aus dem Gefahrenbereich, Sicherstellung des Brandschutzes, Aufbau einer Notdekontamination, Niederschlagen der Gaswolke mit Sprühstrahl, Beschäumung der Ammoniak Auffangwanne).

Maßnahmen der ABC-Zug-Einheiten:

Ca. 10 Minuten später treffen der ABC-Zug und die TEL des Landkreises Saarlouis am Werkstor ein. Aufgrund des erheblichen Ammoniakaustritts und der sich im Gefahrenbereich befindlichen Personen fordert der Einsatzleiter des ABC-Zuges über die Kreisalarmzentrale Saarlouis die Teileinheiten MESSEN und DEKON des ABC-Zuges Merzig-Wadern zur Unterstützung an.

Er übernimmt zusammen mit dem Einsatzleiter der Feuerwehr Ensdorf, dem Leiter der TEL und dem Werkleiter des Kraftwerkes Ensdorf sowie dem mittlerweile eingetroffenen Einsatzleiter des Rettungsdienstes die Einsatzleitung.

Die TEL ist zunächst zuständig für die Verteilung der Kanäle im 2 und 4m-Band-Bereich. Aufgrund des zu erwartenden Einsatzstellenfunkverkehrs werden entspechend des Funkkonzeptes des Landkreises Saarlouis den verschiedenen ABC-Zug-Teileinheiten separate Funkkanäle zugewiesen.

Der ABC-Zug Saarlouis übernimmt folgende Aufgaben:

Die Teileinheit DEKON beginnt sofort mit dem Aufbau der Dekon-Stufe III (Die Grundstufe für jeden ABC-Einsatz). Er übernimmt die verletzten KW-Mitarbeiter und führt in Abstimmung mit dem Rettungsdienst die notwendigen Dekon-Maßnahmen durch.

Die Teileinheit ATEMSCHUTZ rüstet zunächst zwei CSA-Trupps aus und übernimmt die Einsatzzeitüberwachung (EZÜ). Ein CSA-Trupp (Mess-Trupp) wird mit Ammoniak-Prüfröhrchen und einem Ex-Messgerät ausgestattet und erhält den Einsatzauftrag, Messungen zwecks Bestimmung des Gefahrenbereiches durchzuführen.

Die Teileinheit TECHNIK schickt den zweiten CSA-Trupp zur Lageerkundung vor. Weiterhin unterstützt sie die Feuerwehr Ensdorf bei Brandschutz-, Sicherungs- und Absperrmaßnahmen.

Die Teileinheit MESSEN stellt dem Zugführer des ABC-Zuges, den Abschnittsleitern sowie dem Rettungsdienst die notwendigen Stoffinformationen zur Verfügung. Hier leistet die auf dem PC im ABC-Erkunder installierte Software "RESY" gute Dienste. Weiterhin legt er aufgrund der Messungen des Mess-Trupps den Gefahrenbereich fest und leitet kontinuierliche Messungen ein. Zudem werden Messungen der aktuellen Wettersituation wie z. B. Windgeschwindigkeit und Windrichtung durchgeführt, um Messpunkte für die angeforderte Teileinheit MESSEN des ABC-Zuges Merzig-Wadern zu bestimmen.

Zur Sicherung des Brandschutzes unterstützt das TroLF 2000 die Feuerwehr Ensdorf.

Nach Eintreffen des ABC-Zuges Merzig-Wadern baut deren Teileinheit DEKON zusammen mit der DEKON-Einheit Saarlouis die Dekon-Stufe IV (erweiterte Dekontamination im ABC-Einsatz) auf. Die Teileinheit MESSEN fährt die festgelegten Messpunkte an, um die Ausbreitung der Dämpfe zu kontrollieren.

Ein weiterer, mit CSA ausgerüsteter Trupp erhält den Auftrag, ein Hydroschild zu installieren. Damit sollten die durch den Wind abtreibenden Ammoniak-Dämpfe gebunden werden. Währenddessen kollabiert einer der beiden CSA-Träger. Sein Truppmann versucht, ihn aus dem Gefahrenbereich herauszuziehen, stürzt jedoch. Dabei wird sein CSA beschädigt. Durch den Sturz ist er körperlich nicht mehr in der Lage, seinen Truppmann aus dem Gefahrenbereich zu retten. Über 2m-Funk sendet er an die Einsatzzeitüberwachung den Notruf "Mayday, mayday, mayday". Der Abschnittsleiter TECHNIK schickt sofort zwei vorgehaltene Sicherungstrupps unter CSA zu den Verletzten, die diese aus dem Gefahrenbereich tragen und dem Abschnitt DEKON übergeben. Nach erfolgter NOTDEKON werden beide dem Rettungsdienst zur ärztlichen Versorgung übergeben.

Die laufenden Messungen im Gefahrenbereich zur Kontrolle der Absperrgrenze werden unterdessen durch Trupps des ABC-Zuges Merzig-Wadern durchgeführt

Die Übung wurde nach 1,5 Stunden beendet, als alle gestellten Aufgaben erfolgreich durchgeführt waren.

 

Stoffinformationen:

Ammoniak ist ein stark stechend riechendes, farbloses und giftiges Gas, das zu Tränen reizt und erstickend wirkt. Die Dichte von Ammoniakgas ist geringer als die Dichte der Luft.

Ammoniak wirkt auf Haut und Schleimhäute (insbesondere auch auf die Augen) ätzend. Geschluckt ruft es blutiges Erbrechen mit heftigen Schmerzen und Lungenschäden hervor, unter Umständen mit tödlichem Ausgang. Ammoniak ist eines der wichtigsten und häufigsten Produkte der chemischen Industrie. (Quelle:Wikipedia.org)